@Silke: Danke für deine offenen Worte... hat mich etwas mit offenem mund dasitzen lassen... ich hab ja auch mal unterrichtet.. in einer grundschule... und ich hab mich gefragt, ob lehrern solche diagnosen und symptome überhaupt bekannt sind... ich mein, das ist ja schon gravierend für ein kind... so unverstanden zu sein... keiner dem sie das mitteilen kann... die sache selbst nicht in den griff zu bekommen... hilflos zu sein letztendlich...
Ist schon einige Jahre her bei meiner Tochter. Und seinerzeit durften wir schmerzlich feststellen, dass es unter Lehrern mehr Vorurteile als Wissen gab.
Man hat uns sogar verweigern wollen, dass unsere Tochter während des Unterrichts eine zweite Medikamentengabe zu sich nimmt.
Ich hab damals irre kämpfen müssen. Wir waren die ersten, die in dieser weiterführenden Schule den Nachteilsausgleich durchsetzen konnten. Allerdings hatte ich dabei Hilfe von Menschen aus dem Schulamt. Aber Hürden waren Lehrer und Schulleiter.
Ich finde es heute immer noch leicht bestätigt, dass Lehrer in der Beziehung zu wenig informiert sind. Ich weiß noch, dass unsere damalige Lernhilfe vom Jugendamt zu dem Zeitpunkt im Studium war, um Lehrerin zu werden. Sonderpädagogin, um genau zu sein. Ihr damaliger Professor weigerte sich strikt, zu dem Thema irgendwas zu hören. Er stand auf dem Standpunkt, ADS gibt es nicht und fertig. Das fand ich unheimlich dreist, denn es gab schon damals genügend Wissen, um zumindest sagen zu können, dass es sich dabei um ein gewissen Ungleichgewicht in der Hirnchemie handelt.
Diese Unwissenheit finde ich ja zum Teil heute noch vor, wenn auch nicht zwangsläufig in Bezug auf ADS. Aber in Bezug auf die Auswirkungen von Frühgeburt sehr wohl. Keiner der Lehrer hier an der Grundschule hatte wirklich einen Schimmer davon, was das bedeutet, wenn ein Kind in der Schule zu früh geboren ist.
Bei meinem Sohn hieß es ja auch nur, dass es Anzeichen dafür gäbe, dass er ADHS hätte.
Es mag durchaus so sein, dass sich Symptome ähneln, aber ich kann trotzdem erwarten, dass danach eine gestellte Diagnose, nämlich kein ADHS, auch akzeptiert wird. Was nicht wirklich der Fall war.
Aufklärung tut immer noch Not. Leider!
aber wenn das im grunde so heftig schlimm ist - sorry, ich finde das für ein kind ganz ganz schrecklich - warum wird die öffentlichkeit nicht richtig aufgeklärt...
wie oft hab ich halt gehört, mein kind hat ads oder adhs...
dachte bisher, das wäre das gleiche...
ADHS ist die Variante mit Hyperaktivität, ADS ist ohne Hyperaktivität. Und bei ADS allein gibt zwei Varianten. Die eine ist die Träumervariante, denen es schwer fällt, im gleichen Raum wie andere Leute zu sein. Sind gedanklich einfach woanders.
wenn man nicht betroffen ist, setzt man das irgendwie gleich mit "hibbelig, hyperaktiv, unkonzentriert"....
Aber ADS ist das ja dann bei weitem nicht... so wirkt ein Betroffener vielleicht... aber das sind dann ja nur
die Symptome...
warum ist die krankheit ansich nicht viel bekannter...
Im Grunde ist ADS eine Ansammlung verschiedener Symptome. Zu den herausragendsten gehören sicher eine Schwäche der Impulskontrolle und Unkonzentriertheit.
Stell dir einfach vor, nur das wäre es. Das zieht psychologisch gesehen aber einen Rattenschwanz von Folgen hinterher. Denn diese Kinder spüren sehr genau, dass sie anders sind. Und sie spürgen vornehmlich Ablehnung.
Leider kann man all die Symptome, die auf ADS zutreffen auch bei anderen psychischen Störungen wieder finden. So musste bei meiner Tochter wegen der auditiven Wahrnehmungsstörung auch ganz klar vorher ausgeschlossen werden, dass kein ADS vorhanden ist. Weil die Symtomatik ähnlich ist, aber eben anders behandelt wird.
Mißhandlungen und Mißbrauch können ebenfalls Symptome hervorrufen, die wie ein ADS aussehen. Ebenso ist es kaum von Boderline-Störung zu unterscheiden.
Es ist schwer zu diagnostizieren, weil es fast allein auf Beobachtung und Interpretation angewiesen ist. Und man kann sich denken, wie fehleranfällig sowas ist.
Unter Experten wird sogar häufig gesagt, die Medikamentengabe und ein Erfolg dabei sei ein gutes Kriterium, um es genau zu wissen. Allerdings ist das natürlich auch stark umstritten.
wie gehen die geschwister damit um?
haben eineiige das zwangsläufig gemeinsam?
Es gibt keine gesicherten Erkenntnisse. Aber man geht inzwischen davon aus, dass es bei ADS eine gewisse vererbbare Komponente gibt, weil es in Familien gehäuft auftritt.
Aus Erfahrung kann ich sagen, dass es für meine ältere Tochter eine Katastrophe war, dass ihre Schwester ADHS hat. Denn die Art und Weise, wie es sich hier äußerte, war eine psychische Bankrotterklärung. Wir kennen inzwischen sicher jede einzelne psychiatrische Kinder- und Jugendeinrichtung des ganzen Kreises. Denn es ging rein und raus mit meiner Tochter bis sie erwachsen wurde. Danach hatten wir nichts mehr damit zu tun.
Die ältere der Mädchen ist viel zu kurz gekommen und hat es gehasst, wie sich ADS-Schwester aufgeführt hat, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Ich kann das nachvollziehen. Aber seinerzeit waren wir einfach nur damit beschäftigt, den Alltag zu schaffen. Wir haben vieles übersehen, was die Große angeht.
Ich bin heute nur froh, dass die Drillis kein ADS haben. Das wäre eine Sache, die ich nicht mehr hätte handeln können.
Ich bin aber auch heute nicht mehr auf dem neuesten Stand, was ADS angeht. Als es uns nicht mehr betraf, weil Tochter erwachsen wurde, habe ich es nur zu gern aus meinem Kopf verbannt.