Hallo,
ich habe den Artikel gelesen und fand ihn oberflächlich. Ich mag es nicht, wenn nur Allgemeinplätze berichtet werden und nicht ins Detail gegangen wird. Da steht dann vielleicht für jede Familie drin, was die Familienmitglieder zu Kind 3 oder Kind 4 gesagt haben, aber so richtig Interessantes, was das Leben einer Großfamilie von dem einer Kernfamilie im Guten oder im Schlechten unterscheidet, fehlte. Gut, "der Trubel", "die Kosten"...ja und?
Wenn einer was zu den Kosten schreibt, dann lese ich gerne Einzelheiten. Was kostet denn soviel? Und warum? Und wie lösen es die diversen Familien? Mein Opa beispielsweise hatte 12 Geschwister, und sie hatten noch eine alte Oma und ein oder zwei Tanten mit im Haus wohnen. Das heißt, die Eltern hatten insgesamt 18 Menschen zu ernähren. Interessant ist da doch nicht, daß sowas teuer wird und sie sich einschränken mußten - das kann sich jeder selbst denken. Aber wie sind sie konkret über die Runden gekommen? Was haben sie gekocht, welche Kleider konnten sie sich leisten, war eine Zugfahrt in die nächste Stadt schon ein unerschwinglicher Luxus etc? Bei meinen Urgroßeltern war es im Endeffekt so, daß beide Eltern Doppelverdiener waren - er war Bergmann, sie hatte einen kleinen Laden, und außerdem hatten sie zusammen noch eine kleine Subsistenzlandwirtschaft, und die Kinder mußten ab Volksschulalter selbst was dazuverdienen. Trotzdem war das Geld immer knapp, selbst für so grundlegende Dinge wie Schuhe oder so. Gegessen wurde hauptsächlich Eintopf, mit Schwerpunkt Kartoffeln. Und nach allem, was mein Opa so erzählte, hatte er keine unglückliche Kindheit. Er hat uns mengenweise Anekdoten aus der Zeit erzählt, und ich konnte mir als Kind recht lebhaft vorstellen, wie es bei den Urgroßeltern großväterlicherseits zuging - genau das fehlte mir in dem Artikel.
Damals war das nichts Exotisches. Man war katholisch, man verhütete nicht, und die Pille gab's sowieso noch nicht. Heutzutage, denke ich, würden zwei Jobs pro Elternteil nicht mehr ausreichen, um die Kosten einer solchen Familie zu decken, hauptsächlich auch deshalb, weil die Ansprüche gestiegen sind, denn im Endeffekt ist die Kaufkraft ja seither stark gestiegen. Und weil man nicht mehr die Sorge für die kleinen Kinder der Oma oder der großen Schwester übertragen kann, wenn man arbeiten geht, auch das ist alles komplizierter geworden. Besser ist es heute für die großen Schwestern - die älteste Schwester meines Opas mußte nach der Volksschule sich praktisch Vollzeit um die Familie kümmern, weil die Eltern arbeiteten und die Kleinen noch zu klein waren.
Dumme Reaktionen gab es aber auch seinerzeit schon. Die Familie meiner Oma, gutbürgerlich mit Villa, Dienstboten und "nur" drei Kindern, beide Eltern hatten jeweils einen einzigen Lehrberuf (er war Maurer, sie war Schneiderin) und genug Geld um sich den damaligen Luxus der Hausfrauenehe zu leisten (bloß daß das damals nicht bedeutete, daß die Mama sich dann andauernd um die Kinder gekümmert hätte - das muß meine Uroma eher lästig gefunden haben, und dafür war der Uropa zuständig), fand die Familie meines Opas ziemlich asozial und wollte nichts mit denen zu tun haben.
Ich könnte jetzt noch stundenlang weitererzählen, aber darum geht es ja gar nicht. Wenn ich so einen Artikel lesen erwarte ich, daß er ein bißchen von der Lebensrealität dieser Leute widerspiegelt und mir neue Informationen oder Denkanstöße gibt. Fehlanzeige.
Alles Liebe,
Eva
Eva
mit Yusuf (10.12.199
und
Amalia, Friedrich und Elisabeth (07.08.2002)
Seid umschlungen, Millionen
Diesen Kuß der ganzen Welt!
Brüder, überm Sternenzelt
Muß ein lieber Vater wohnen!